Vor 100 Jahren: Schlimme Schlagzeilen im April

0 24.04.2024

Kriegsfolgen, Ruhrbesetzung und Hyper-Inflation - auch 1924 war für die leidgeprüfte Bevölkerung vor allem im Revier ein schwarzes Jahr. Wir bringen in loser Folge Kurznachrichten aus der Zeit vor hundert Jahren, die damals in zeitgenössischen Zeitungen erschienen.

Babyleiche im Klosett

Essener Allgemeine Zeitung (EAZ), Karfreitag, 17. April 1924. Aus dem Polizeibericht. Am 12. des Monats wurde in einem Klosett des Hauses Ernststraße 37 b die Leiche eines neugeborenen ausgetragenen Kindes männlichen Geschlechts gefunden. Die von der Kriminalpolizei sofort angestellten Nachforschungen führten zur Ermittlung der Kindesmutter. Durch Obduktion wird festgestellt werden, ob das Kind gelebt hat.

Angst und bange im Bredeneyer Wald

EAZ, Sonntag, 20. April 1924. Lichtscheues Gesindel gibt es in der heutigen Zeit schließlich überall, und in einer Großstadt wie Essen dürfte es der Polizei sehr schwer fallen, ihm sein Handwerk vollends zu legen. Das schließt aber nicht aus, dass durch besser organisierten polizeilichen Schutz der Bürgerschaft ein wenn auch begrenztes Gefühl der Sicherheit gegeben werden kann. Dieses Gefühl aufzubringen, ist aber den Bewohnern mancher Außenbezirke unserer Stadt im Hinblick auf die dort täglich mehr um sich greifende Unsicherheit unmöglich. Nicht verwunderlich ist es, wenn verbrecherische Elemente besonders im Schutze des Waldes ihr Unwesen treiben und hier harmlos des Weges Kommende überfallen und berauben oder Kinder und Frauen sittlich bedrohen.

Ein solcher Zustand bemerkenswerter Unsicherheit besteht seit einiger Zeit besonders wieder im Bredeneyer Waldgebiet, vor allem in der Nähe der Kruppallee, der Frankenstraße und der Kluse. Fast allnächtlich werden die Anwohner hier durch laute Hilferufe und Schießereien erschreckt. (...)

65 Pfennig Stundenlohn

EAZ, Mittwoch, 23. April 1924. Schiedsspruch im rheinisch-westfälischen Holzgewerbe. In der Ende der vergangenen Woche zu Dortmund stattgefundenen Schiedsspruchverhandlung für das gesamte rheinisch-westfälische Holzgewerbe hat die auf der ganzen Linie eingesetzte Aussperrung ein Ende erhalten. Nach langjährigen Verhandlungen kam folgender, von beiden Parteien anerkannter Schiedsspruch zustande: Bis zum Abschluss eines Landes- oder Bezirkskreises wird bezüglich des Lohnes und der Arbeitszeit folgende Zwischenregelung festgesetzt: Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 48 Stunden. Vorübergehend kann aus betrieblichen oder wirtschaftlichen Gründen von der Betriebsvertretung im Benehmen mit der gesetzlichen Betriebsvertretung über die oben genannte Arbeitszeit eine Mehrarbeit von 4 Stunden festgesetzt werden. Diese Mehrarbeit muss mit einem Aufschlag von 10% bezahlt werden. Ab 22. April wird der tarifliche Spitzenlohn auf 65 Pfennig die Stunde erhöht.

Nächtliche Raser schießen auf Polizisten

EAZ, Donnerstag, 24. April 1924. In der Nacht vom 21. zum 22. April gegen 2 Uhr nachts raste ein Personenauto in schnellster Fahrt vom Hauptbahnhof in der Richtung Rathaus durch die Altstadt. Eine Polizeistreife, die in der Nähe des Burgplatzes dieses tolle Fahren beobachtete, forderte den Kraftwagenführer durch Zeichen mit der Hand und Anruf auf, anzuhalten. Anstatt dieser Aufforderung Folge zu leisten, wurden aus dem Auto 2 Schüsse auf den Beamten abgegeben, die glücklicherweise niemanden verletzten. Leider konnte die Nummer des betreffenden Kraftwagens, in dem sich etwa 6 bis 8 Personen befanden, nicht festgestellt werden. Durch diesen unerhörten Vorfall hat sich die Polizeiverwaltung veranlasst gesehen, ihren Beamten die Anweisung zu geben, dass in ähnlichen Fällen von der Waffe Gebrauch zu machen ist.

 

Quelle: Haus der Essener Geschichte / www.zeitpunkt.nrw - zusammengestellt und bearbeitet von Andreas Eickholt

 

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