Vor 100 Jahren: Glückliche Zeiten in den USA sind vorbei

0 24.07.2024

Kommunisten machen Zoff im Rathaus, Messerstechereien nehmen überhand und Sauberkeit ist das erste Gebot: Was war sonst noch los vor 100 Jahren?

Glückliche Zeiten in den USA sind vorbei

Essener Allgemeine Zeitung (EAZ), Freitag, 11. Juli 1924. Die glücklichen Zeiten, wo es in den Vereinigten Staaten nur die beiden Parteien der Republikaner und Demokraten gab, sind auch dort endgültig vorbei. Obwohl die günstige Lage des amerikanischen Arbeitsmarktes und die einen guten Lebensstandard sichernde ökonomische Stellung des amerikanischen Arbeiters die soziale Frage dort weniger brennend erscheinen lässt wie bei uns, hat doch in den letzten Jahren die Bedeutung und Stimmenzahl der in der sozialistischen Partei zusammengeschlossenen Gewerkschaften nicht unwesentlich zugenommen. (...)

Ausverkauf entfaltet magnetische Wirkung

EAZ, 11. Juli 1924. Die großen Anzeigen der ausverkaufenden Geschäftshäuser in den Tageszeitungen haben Eindruck gemacht. Das konnte man an dem erheblich lebhafteren Verkehr, der gestern im Vergleich zu den voraufgegangenen Tagen in den Geschäftsstraßen der Innenstadt herrschte, ohne Mühe feststellen. Nicht nur in den Nachmittagsstunden, die bekanntlich den Hauptbetrieb für die Geschäfte bringen, sondern auch bereits am Vormittag wiesen Straßen und Verkaufslokale reges Leben auf. Welche Hausfrau konnte den Lockungen auch wohl widerstehen? (...)

Ein feiner Kavalier!

EAZ, 11. Juli 1924. Bei einer Bootsfahrt auf der Ruhr, die ein junger Mann in Begleitung einer Dame machte, wollte dieser an der Baldeney sein Boot an ein vorbeifahrendes Motorboot anhängen, wobei das Boot zu sehr ins Schwanken kam, kenterte und beide Personen ins Wasser fielen. Wer nun glaubte, dass der junge Mann zuerst an die Rettung der Dame gedacht hätte, wurde schwer getäuscht. In einigen Augenblicken war er selbst wieder in seinem Boot und fuhr davon. Ein Mitglied des Clubs Essener Wanderpaddler sprang darauf in die Fluten und brachte die dem Ertrinken nahe gewesene Dame noch früh genug ans sichere Land.

Vier Tote nach Explosion auf Bonifacius

EAZ, Montag, 14. Juli 1924. Schlagende Wetter auf Zeche Bonifatius. Durch schlagende Wetter sind am Samstag Abend auf der Zeche Bonifatius 7 Bergleute verunglückt. 2 wurden als Leichen und 5 mit schweren Verletzungen geborgen. Im Laufe des gestrigen Tages sind 2 von den Verletzten gestorben, so dass sich der Verlust auf 4 Tote und 3 Verletzte beziffert. Die Verletzten befinden sich auf dem Wege der Besserung. Die Opfer der Katastrophe kommen aus stammen aus Gelsenkirchen-Rotthausen und Kray.

Messerstecherei fordert zwei Opfer

EAZ, 14. Juli 1924. In der Nacht zum Sonntag ereignete ereignete sich in der Schlenhoffstraße eine furchtbare Bluttat, der 2 Menschenleben zum Opfer fielen. Eine Schar rauflustiger Burschen fiel ohne jedwede Veranlassung über einen ruhig seines Weges gehenden Arbeiter namens Petereit her. Die Raufbolde stachen auf ihr Opfer blindlings ein. Als der Bruder des Überfallenen zu Hilfe eilte, fielen die Burschen auch über ihn her und bearbeiteten ihn ebenfalls mit dem Messer. Einer der beiden Brüder blieb tot am Platze, während der andere so schwere Verletzungen erlitt, dass er bald nach seiner Einlieferung im Krankenhaus starb. Die Kriminalpolizei nahm sofort die Verfolgung der Täter auf und konnte inzwischen 7 der an dem Rohheitsverbrechen beteiligten Personen festnehmen. Die Messerstechereien nehmen in der letzten Zeit derart Überhand, dass es nachgerade an der Zeit ist, über die Messerhelden die empfindlichsten Strafen zu verhängen.

Kommunisten sorgen für Zoff im Rathaus

EAZ, Samstag, 19. Juli 1924. Der Verlauf der gestrigen Stadtverordnetensitzung bewies wieder einmal die unüberbrückbaren Gegensätze zwischen der kommunistischen und der bürgerlichen Denkweise. Fast jeden Punkt der Tagesordnung nahmen die kommunistischen Stadtverordneten zum Anlass, ihre gegensätzliche Anschauung entweder durch lärmende unparlamentarische Zwischenrufe oder geharnischte Fensterreden zum Ausdruck zu bringen, mit dem Erfolge, dass es zeitweise zu außerordentlich erregten Auseinandersetzungen kam. Man rief sich über den Tisch hinweg allerhand Liebenswürdigkeiten zu und auch vom Verwaltungstisch aus hörte man hin und wieder außerordentlich scharfe Töne, die ihren Eindruck auch auf die Kommunisten, gegen die sie gerichtet waren, nicht verfehlten. Einen besonders scharfen Zusammenstoß gab es zwischen Bürgermeister Schäfer und dem kommunistischen Stadtverordneten Renner, der in übler Weise bei der Behandlung des Punktes über die Durchführung einer Hundeaufnahme Angriffe gegen die blaue Polizei richtete und daraufhin von Bürgermeister Schäfer in schärfster Form zurechtgewiesen wurde.

Quelle: Haus der Essener Geschichte / www.zeitpunkt.nrw - zusammengestellt und bearbeitet von Andreas Eickholt

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