Vor 100 Jahren: Arbeiter am Hochofen schufteten bis zu 74 Stunden wöchentlich

Borbecker Familie Pothmann gibt ein Wohltätigkeitskonzert

0 10.01.2024

Kriegsfolgen, Ruhrbesetzung und Hyper-Inflation - 1923/24 war für die leidgeprüfte Bevölkerung vor allem im Revier ein schwarzes Jahr. Wir bringen in loser Folge Kurznachrichten aus der Zeit vor hundert Jahren, die damals in zeitgenössischen Zeitungen erschienen.

Höchstschichtzeit 74 Stunden

Essener Allgemeine Zeitung (EAZ), Sonntag, 6. Januar 1924. Nachdem über das Abkommen über die Arbeitszeit für die Übertagearbeiter vom 19. Dezember 1923 eine Einigung nicht erzielt worden war, fällte gestern der Schlichtungsausschuss unter dem Vorsitz des Reichskommissars Mehlig folgenden Schiedsspruch: 1. Die Arbeitszeit für die an den Koksöfen beschäftigten Arbeiter beträgt insgesamt im Wochendurchschnitt 65 bei einer Höchstschichtzeit von 74 Stunden einschließlich sonntags. Sofern in der Sonntagsschicht eine Pause eingelegt wird, liegt diese außerhalb der Schichtzeit, wird aber besonders bezahlt. (...)

An unsere Bezieher. Der Bezugspreis für die Zeit vom 7. bis 13. Januar beträgt jetzt ermäßigt 900 Milliarden. Wir bitten unsere Bezieher, den Betrag bereitzulegen, um unnötige Wege und Zeitverlust zu ersparen. Scheine unter 10 Milliarden wolle man nicht in Zahlung geben.

Verlag der Essener Allgemeinen Zeitung

Borbecker Pothmanns geben Konzert für die Nothilfe

In anerkennenswerter Weise werden heute die Gebrüder Pothmann, Essen-Borbeck, und deren Freunde im Dienst der Essener Nothilfe tätig sein. Sie veranstalten heute Mittag 12 Uhr auf der neuen Rampe des Marktplatzes in Borbeck ein Konzert, während dem unter den Zuhörern eine Sammlung veranstaltet werden soll, deren Ertrag der Essener Nothilfe zugedacht ist. Die Essener Nothilfe weist auf diese Veranstaltung hin mit der Bitte, sich recht zahlreich zu dem Konzert einzufinden und auch von dieser Gelegenheit, für die Nothilfe zu spenden, reichlichen Gebrauch zu machen.

13 Volksküchen in Essen lindern schlimmste Not

EAZ, Dienstag, 8. Januar 1924. Die Arbeitsgemeinschaft, die sich aus sämtlichen privaten, konfessionellen und amtlichen Wohlfahrtsorganisationen unter Führung der Stadtverwaltung unter dem Namen Essener Nothilfe gebildet hat, ist mit großem Eifer bei der Arbeit. In richtiger Erkenntnis der ernsten Lage haben sich alle Verbände, Grossisten usw. in den Dienst der Essener Nothilfe gestellt und geben regelmäßig ihre ansehnlichen Spenden. Auf diese Weise ist es möglich gewesen, in den verschiedensten Stadtteilen 13 Volksküchen aufzumachen, in denen augenblicklich etwa 6000 Personen unentgeltlich gespeist werden. Man ist jetzt dabei, den Küchenbetrieb noch weiter auszudehnen. Das große Hilfswerk kann aber nur gelingen, wenn weiter aus allen Kreisen dauernd Spenden fließen. (...)

Kampf gegen den Preiswucher

EAZ, Mittwoch, 9. Januar 1924. Wucherbekämpfung im Dezember. Die rheinisch-westfälische Wucherzentrale beim Polizeipräsidium Essen hat im Monat Dezember 92 neue Anzeigen wegen Vergehens gegen die allgemeinen Wucherbestimmungen erstattet und den zuständigen Staatsanwaltschaften übergeben, und zwar 71 Fälle wegen Preiswuchers, 7 wegen Vergehens gegen die Preisschilderverordnung, 3 wegen Kettenhandels, 7 wegen Schleichhandels, 3 wegen unerlaubten Großhandels und 1 wegen Vergehens gegen die Verordnung über Auskunftspflicht.

Kriminalität sprunghaft gestiegen

Wohl selten hat die Essener Kriminalpolizei in irgendeinem Monat eine derart rege und umfangreiche Tätigkeit entwickeln müssen wie im letzten Monat des Jahres 1923. In diesem Zusammenhang sind folgende Angaben zur Kennzeichnung der gegen Schluss des abgelaufenen Jahres in verstärktem Umfange aufgetretenen Unsicherheitszustände von allgemeinem Interesse: Angemeldet wurden im Monat Dezember bei der hiesigen Kriminalpolizei 515 Fälle von Einbrüchen, 914 Fälle von einfachen Diebstählen, 176 Fälle von Unterschlagungen, 124 Fälle von Betrug, 117 Fälle von Münzverbrechen und 166 Fälle von Körperverletzung. Dazu kommen 105 Anzeigen wegen Sachbeschädigung und 553 Fälle von verschiedenartigen Straftaten wie insbesondere Widerstand, Beleidigung, Meineid, Begünstigung, Hehlerei, Raub, Erpressung und Glücksspiel. Das sind insgesamt 2565 Fälle von Verbrechen und Vergehen innerhalb eines einzigen Monats in unserer Stadt. Welch einen bedrohlichen Umfang die öffentliche Unsicherheit im Monat Dezember angenommen hat, ist die Tatsache, dass im Berichtsmonat fast 1500 Diebstähle verübt worden sind, eine Ziffer, die bislang noch nicht erreicht wurde. (...)

Quelle: Haus der Essener Geschichte / www.zeitpunkt.nrw - zusammengestellt und bearbeitet von Andreas Eickholt

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