Ein mutiger Verlag

„Das Versprechen des Bienenhüters“ ist ein berührendes Buch über eine Flucht

0 28.08.2019

BORBECK und ÜBERALL. „Was machen Sie eigentlich jetzt so den ganzen Tag?“ fragt mein Lieblingsbuchhändler in Borbeck und schwenkt einen Schmöker vor meiner Nase. Ich überhöre die Anspielung auf meine im Übermaß vorhandene Zeit. Vor einem Jahr wurden die Borbecker Nachrichten geschlossen; seitdem habe ich frei.

Es ist nicht immer leicht herauszuhören, aber es ist so: Herr Nothnick und ich, wir haben uns wirklich gerne. „Da, schreiben Sie da doch mal darüber auf Ihrer borbeck.de-Seite“, sagt er und wedelt noch immer mit dem Buch herum. „Sie können sich auch Zeit lassen.“

„Das Versprechen des Bienenzüchters“: Das kann alles bedeuten oder nichts. Na ja. Bienen sind ja „in“ in diesem Sommer. Auch der Klappentext lockt mich nicht, zu gefühlig.

„Na gut.“ sage ich trotzdem. „Danke“. Das Buch wandert in meinen Rucksack.

Die Autorin weckt mein Interesse. Christy Lefteri wuchs als Tochter zypriotischer Geflüchteter in London auf. 2016 und 2017 verbrachte sie die Sommermonate als Freiwillige in einem von der Unicef unterstützten Geflüchtetenlager in Athen. Die Erlebnisse, die die Menschen ihr dort erzählten, inspirierten sie dazu, »Das Versprechen des Bienenhüters« zu schreiben, dessen englischer Titel „The Beekeeper of Aleppo“ aufschlussreicher scheint.

Eine Flüchtlingsgeschichte? Eine mutige Verlagsentscheidung! Wer glaubt schon, dass man mit dieser Thematik Geld verdienen kann? Wir leben in einer Zeit, in der man Seenotretter wie Verbrecher behandelt und Menschen im Mittelmeer ertrinken lässt.

Okay. Ich lese es.

Der Inhalt ist schnell erzählt: Nuri ist Imker, mit seiner Familie führt er ein einfaches, erfülltes Leben im syrischen Aleppo. Bis der Krieg ihr Zuhause erreicht. Nuris kleiner Sohn Sami wird bei einem Bombenanschlag getötet, seine Frau Afra erblindet. Sie müssen fliehen. Die Trauer um Sami und Erinnerungen an das einst glückliche Leben begleiten sie auf dem langen, gefährlichen Weg durch eine Welt, die nicht auf sie gewartet hat. Am Leben hält sie nur „Das Versprechen des Bienenhüters“.

Wie mag sich jemand fühlen, der in seiner Heimat verfolgt und mit dem Tode bedroht wird? Wie fühlt sich die Angst an, in einer Nussschale sitzend und der Macht des Meeres ausgesetzt? Wie trostlos muss es sein, in Flüchtlingslagern wochenlang der Menschenrüde beraubt sein Leben zu fristen und auch dort nicht sicher zu sein vor Gewalt und Hass?

Christy Lefteri sagt all das und zwar auf eine Weise, die einen das Buch nicht aus der Hand legen lässt. Das letzte Wort eines Kapitels ist oft das erste des nächsten und so drängt es einen fort und fort und fort, bis endlich das Ziel erreicht ist und ein hoffnungsvolles Ende. Lesenswert. Suhö

Christy Leferi, Das Versprechen des Bienenhüters, Verlag Limes, 348 Seiten, ISBN 978-3-8090-2715-7, 20 Euro,

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